Ich kam gestern nicht mehr dazu zu schreiben, wie es mir beim Umzug ergangen ist. Es war weit mehr als ich erwartet habe.
Als Jan-Marco und ich da gestern ankamen um 16h, sah ich, dass noch recht viel zu tun ist. In jedem Zimmer waren noch Möbel, Pakete, Bilder, Elektrogeräte. Der Weinkeller war komplett voll mit Weinkisten und die Autogarage voll mit großen schweren Paketen. Als ich den schon vollen Speditionslastwagen sah,

war mir aber klar, dass der nicht ausreicht, um die verbliebenen Sachen mitzunehmen.
Ein verführende Situation für einen „Retter der Anderen“ für den ich mich halte. Gaby und Rudi wiederzusehen war auch surreal. Meine Ankunft hat sie sichtlich überrascht. Ich redete nicht viel, versuchte eher zu fühlen und mich davor zu schützen in “Verantwortungslücken” vorschnell hinein zu tappen.
Da ich aber ja üben sollte, begann mein Beitrag eher harmlos an. Abfall einsammeln und wegbringen zum Werkstoffhof. Das ging leicht.
Bei der Rückfahrt zum Haus, offenbarte sich dann die eigentliche Übung. Gaby und Rudi wollten so ggn 18h aufbrechen und vorfahren nach Pezet in Frankreich. Jan-Marco und ich sollten den Umzug zu Ende mit der Umzugsfirma assistieren.
J-M ging von einer weiteren Stunde aus, ich war mir sicher, es werden 2-3h. Wir sollten uns am Ende beide täuschen, es wurden 4,5 h weitere Stunden. An und für sich hatte ich mit dem Umzug abgeschlossen, mein Part daran war bereits vor 3 Tagen beendet und wie verabredet erfüllt.
Ich hätte auch nein sagen können. Habe ich aber nicht. Ich begann es zu bedauern, dass ich mich nicht klar abgegrenzt habe. Gut, das hatte ich schon mal schneller als sonst erkannt.
Aber wenn ich schon mal da war, wollte ich richtig Üben, nicht die Verantwortung zu tragen.
Es war J-M da und außerdem ist es und bleibt es nicht mein Umzug. Es ist ja ein weiterer Gefallen, den ich tue. Das versuchte ich mir einzureden. Das gelang auch zum Teil gut, zum anderen Teil verfiel ich aber doch in alte Muster zurück. Half den Umzugsarbeitern beim Schleppen z.B. (damit wir nicht noch länger brauchen).
Der Unterschied zum Alltag in Frankreich war aber für mich, ich war nicht mehr abhängig, denn es war nur dieser eine weitere Gefallen, nicht noch einer und noch einer.
Gegen 22h kam aber dann doch Frust hoch. Es wurde mir dann zu lang. Ich hatte mich zu sehr auf eine Sache eingelassen, bei der ich meinen Teil schon erfüllt hatte. Ich hatte mich zu früh und zu schnell wieder überrumpeln lassen.
Ich sollte daraus lernen. J-M dagegen hatte viel mehr Aufgaben insgesamt geschafft an diesem Tag und war am Ende des Tages absolut zufrieden mit sich und der Welt. Was war anders zwischen uns beiden?
Er war ganz anders involviert in dem Verkauf des Hauses und dem anschließenden Umzug, er tat etwas für sich, ich dagegen hatte versäumt Nein zu sagen und ärgerte mich ein wenig über mich selbst.
Zurück zum Jetzt: Der Tag verläuft sonst sehr angenehm, mit J-M ist es unkompliziert. Er kennt sich seit Jahren schon sehr gut mit Webseiten aus, hat viele unterschiedliche Talente.
Ich stelle ihn einige Fragen zu meiner Webseite und dem Blog, die er mir umgehend beantwortet und zeigt, wie ´s geht.
Durch seine Hilfe fühlt sich es an als hätte ich nun genug Werkzeuge und Kenntnisse, um auch medial selbstständiger agieren zu können. Ein gutes Gefühl. Gegen 18:00 fährt J-M weg zu einem mehrtätigen Auftrag. Ich bin also nun alleine in der Wohnung. Das tut auch gut, denn endlich finde ich die Zeit meinen Blog über diese Reise online zu stellen.
Anschließend gehe ich hinaus, Budenheim kennen lernen und ich den tollen Wald um die Ecke, die beste Entscheidung des Tages.

Was mir zu den Budenheimern auffällt? Sie hören sehr gerne laute Musik. Eine über 50 jährige Fahrerin fährt alleine auf den Supermarkt-Parkplatz. Die ganze Straße kann mühelos zu Ihrer Automusik tanzen. Die Überraschung: sie hört richtig tollen Deep House, wow!
Später laufe ich an einem spießig aussehenden Haus vorbei, aus dem auch laut Musik ertönt. Das hörte sich dann so an:
Zurück in der Wohnung ruft mich eine Freundin an, bei der ich fest damit rechnete, ein paar Tage unterzukommen. Sie beschreibt mir ihren momentanen stressigen Alltag, in dem sie schon an ihre Grenze stößt und erhofft sich, Verständnis dafür, dass sie oft ihre Ruhe braucht, wenn sie nach Hause kommt nach der Arbeit.
Ich wäre gerne willkommen, aber wenn es nicht klappt, weil zu viel von Ihr erwartet werden könnte (zuviele Gespräche zB), dann würde sie konsequent handeln. Aber wir können es probieren.
Hört sich ja eigentlich ganz ehrlich und fair sagt mein Verstand.
Aber mein Gefühl sagt mir, dass sie sich Last aufbürdet, weil sie unbewusst, sich unter Druck setzt, mir zu sehr helfen zu wollen. Ein Indiz: Obwohl sie jetzt gerade auch total müde ist, fängt sie an, mich nach der “frischen” Trennung zu fragen.
Ich will Rücksicht auf ihre Müdigkeit nehmen und antworte langsam sprechend und sehr kurz. Aber sie lässt nicht locker, fragt weiter.
In dem dann folgenden Sätzen offenbart sich mir ihre Haltung: Nach der Trennung sei die Lage für sie klar: Annkatrin hätte Boden unter den Füssen und mir würde der jetzt fehlen.
Ich sage ihr, dass ich keine Hilfe brauche, ich käme auch so gut zurecht.
Beide hätten von der gemeinsamen Zeit vor der Trennung profitiert. Ich im nachhinein, weil ich erst dadurch den Absprung von der für mich einengenden Festanstellung bewältigen konnte.
Ich realisiere: irgendetwas passt nicht.
Nach einem zweiten Urteil über mich, verstärkt sich mein Eindruck, dass irgendetwas nicht stimmig ist.
Weswegen rechtfertige ich mich überhaupt? Fühle mich etwa wohl nicht richtig gesehen? Ein ähnliches Gefühl wie während meiner Beziehung mit Annkatrin also.
Ich spüre, dass das nicht der richtige Ort ist, um tatsächlich zur Ruhe

zu kommen. Ich sage, dass ich es mir überlegen möchte. Nach dem Auflegen merke ich.
Gerade bin ich stolz auf mich, gerade nach der Umzugsgeschichte gestern fühlt sich das jetzt besser an.
Mein innerer Kompass ist schärfer geworden. Yeah!
Später am Abend sagte auch ein Ex-Arbeitskollege ab, dass ich bei ihm unterkommen kann.
Früher hätte mir das Angst gemacht, zwei “Türen” gehen so schnell hintereinander zu. Ich hätte damals nicht schlafen können.
Gerade jetzt fühle ich keine Angst mehr, irgendetwas sagt mir, dass es für mich genau so gut ist…
