
Ich bin nun allein in einer großen, stillen Wohnung in Wiesbaden. Habe Zeit und Raum für mich. Das gibt mir den Impuls und die Kraft, mich tiefer mit meinen Themen zu verbinden.
Welche sind genau meine Bedürfnisse, wie spüre ich sie und wie kann sie ausdrücken? So ausdrücken, dass ich bei mir bleibe und nicht eine Erwartungshaltung einnehme. Denn dann mache ich mich erneut abhängig von dem, was und wie viel davon von einem anderen Menschen erfüllt wird oder nicht?

Ein komplexes Thema, denn viele meiner Bedürfnisse wie wahrhaftiger Austausch (Verständnis/Empathie) z.B. können nur erfüllt werden im Zusammenspiel mit Mitmenschen und ihren Bedürfnissen.
Und mein „Zusammenspiel“ beruhte bisher zu einem Teil darauf, dass ich unbewusst glaubte, dass wenn ich mich nur gut genug in meine Partnerin hineinfühle, dann kann ich sie besser verstehen und ihre Bedürfnisse erfüllen… Dann werde ich sicherlich geliebt und bin dann sicher. Zumindest würde ich nicht weggegeben oder verlassen werden. Ein Trauma, das mir aus meiner Kindheit geblieben ist.
Ein Beispiel: Ich kochte manchmal für sie, wenn sie selbst keine Lust dazu hatte, denn ich sorgte mich darum, dass sie sich zu viel quälen muss. Für Annkatrin ist Kochen keine Aufgabe, die ihr Freude macht. Sie freut sich, wie ich mich auch, wenn für sie gekocht wird. Als jedoch meine Erwartung nach Anerkennung für diese “Gefallen” nicht erfüllt wurde oder ihre Freude auch mal ausblieb, spürte ich oft eine Bitterkeit in mir hochkommen.
Mir war aber gar nicht bewusst, dass ich dabei gegen meine eigenen Bedürfnisse handelte – zu sehr war ich auf die Bedürfnisse anderer fokussiert. Umgekehrt tat Annkatrin auch vieles für mich und es gab auch Arbeiten, die mir Spaß machten, sonst hätte ich nicht so lange durchgehalten, aber der „Preis“, den ich insgesamt zahlte, war hoch und ich war oft genervt und gereizt auf der schönen Farm.
Angst war der eine “Antrieb”, aber da war noch ein zweiter, sehr intensiver:
Als 2jähriger Junge wurde ich damals mit Verdacht auf Lungenentzündung nach Griechenland zu meinen Großeltern abgegeben, um im trockenen Klima gesund zu werden. Das habe ich natürlich damals nicht verstanden. Meine Großeltern und besonders mein Opa haben sich so rührend um mich gekümmert, dass ich auch nach seinem Tod bis heute eine ganz tiefe Dankbarkeit speziell zu ihm spüre.
Ich fühle, wie ich durch sein Handeln ein ganz tiefes Vertrauen ins Leben

bekommen habe, das mich bis heute begleitet und das ich gerne weitergebe. Das ist wohl meine tiefere “Antriebsfeder”. Auch in meiner Beziehung. Und ich bin mir sicher, dass Annkatrin trotz aller Trennungsschmerzen und Verletzungen, die sie jetzt durchmacht, es auch ganz tief in sich spüren kann, dieses Vertrauen ins Leben, diese Verbundenheit und Dankbarkeit.
Ich empfinde auch eine ganz tiefe Dankbarkeit für ihre Geschenke. Sie hat mir u.a. gezeigt, wie viel Schönheit und Reichtum des Lebens in der Einfachheit und in kleinen “Dingen” existiert. Auch durch ihren Blick auf die Welt habe ich es leichter geschafft, mich zu “reduzieren” auf das Wesentliche im Leben. Ein tolles Geschenk. Ich empfinde: Dankbarkeit ist… ja sowas wie eine Feier des Lebens.
Ich versuche mich auf das Jetzt zu konzentrieren.
Wie komme ich jetzt aber weiter? Wie kann ich meine Bedürfnisse besser erspüren und sie zusammen mit den Bedürfnissen anderer Menschen erfüllen?
Es war ein intensiver Tag, und ich merke wie viel Kraft meine Prozesse brauchen. Diesen Fragen werde ich mich morgen widmen.
