Die Mitfahrt von Wiesbaden nach Köln fängt gut an.

Benno, der Fahrer mit dem ich unterwegs bin, erzählt mir, dass ihm früher oft seine Magensäure hoch kam. Das ist bei mir derzeit auch oft der Fall. Ich höre interessiert zu. Zuviel und zu konzentrierte Nahrung führt zu Magensäure, das wiederum erhöht das Krebsrisiko. Seine Lösung gefällt mir. Er ißt nur noch mittags, verzichtet auf Frühstück und Abendessen, trinkt viel Wasser. Damit erhält sein Magen große Regerationspausen zwischen den Mahlzeiten, er spürt wieder richtigen Hunger. Da er außerdem seine Mahlzeiten in weniger konzentrierter Form (Suppe) zu sich nimmt, ist er im Laufe der Zeit zu einem Suppengourmet geworden. Seitdem sind seine Probleme weg und er fühlt sich rundum wohl. Das probiere ich auch mal, aber nicht so krass, nehme ich mir vor.
Danach erzählt er mir von kreisartigen Strukturen, die, wenn sie im Gehirn vorhanden sind, ein sicheres Indiz darstellen für eine jeweilige bestimmte Krebsart. Ich denke sofort, daran wie sehr unser “Denken” unsere gesamte neuronale Strukturen beeinflusst. Blockaden z.B. kann man als Zustande beschreiben, wo wir immer wieder um die gleichen Gedanken “kreisen” und nicht weiterkommen. Wir können sie kaum gehen lassen, um in der Lage zu sein, später auch neue andere Gedanken dazu aufnehmen zu können. Trotz der ernsten Themen fließt unser Gespräch sehr “leichtfüssig” dahin.
Kurz vor Köln erzählt mir Benno dann noch von seinem Herzensprojekt. Er möchte gerne ein Hotel- und Meditationsbetrieb auf Sri Lanka eröffnen, nahe der Stadt Kandy. Er verspürt auch eine Sehnsucht danach, sein Leben anders als hier zu gestalten, einen friedlichen Ort finden, wo es leichter möglich ist Mensch zu sein und mit weniger Sorgen zu leben. Ich gebe ihm den Kontakt zu Stefan Dittrich, der auf Sri Lanka lebt und als Onlinecoach der Geiles-Leben-Akademie tätig ist. Er kann ihn bestimmt mit gutem Rat zur Verfügung stehen.
Beim Abschied von Benno, denke ich, dass wir uns bestimmt wiedersehen werden.

Danach nehme ich die U-Bahn zur Bianca, die sehr zentral in Köln wohnt.

Sie hat mir 1998 bei SAT1 einiges über Videoschnitt beigebracht. Auch auch diesmal bringt sie mir was bei: Die “Uhren in Köln laufen etwas anders” als z.B. in Wiesbaden oder Mainz.
Ganz deutlich wird mir das nachmittags bei einem Event im Aachener Weiher. In einem großen Park gibt es dort eine Tanzfläche, wo Techno läuft. Drumherum versorgen verschiedene Stände Durst und Hunger der zahlreichen Besucher, Eintritt gibt es nicht, die Djs legen heute komplett gagenfrei auf.

Bianca stellt mich allen ihren Freunden dort vor – es sind viele. Was mir auffällt: Die Menschen sprechen schnell und kommen mir überdreht vor. Trotz der zahlreichen Ablenkungsmöglichkeiten, die es hier gibt,

suchen viele Menschen darunter doch auch etwas Gemeinsames, suchen das Gefühl der Verbundenheit. In Köln mehr als woanders, kommt mir vor. Das stelle ich auch in den wenigen, aber schönen Gesprächen fest. Zwischendurch lasse ich mich mitziehen. Aber schön ist es auch einfach Menschen zu beobachten. Ein Nachmittag wie ich ihn lange nicht mehr hatte. Ich konnte ihn diesmal anders genießen, ohne Erwartungen.
Spät nachts nachdem die Musik aufgehört hat, beschließen Bianca und ich zurück zu laufen. Ein Abschied von all den Freunden ist aber zeitraubend, also bringt mir Bianca, den polnischen Abgang bei: Wir schleichen uns ohne uns von zu Verabschieden leise weg von der Gruppe.
Mich interessiert aber wie der Name zustande kommt und finde im Internet folgende Erklärung:
Ein polnischer Abgang bedeutet, sich heimlich davon zu machen, ohne sich zu verabschieden. Abgeleitet wird die bekannte Redewendung von “sich davon stehlen”.
Quelle: https://www.deutschland-feiert.de/wissenswertes/polnischer-abgang/

Dann wieder bei Bianca zuhause zurückgekommen, schauen wir uns eine Reportage an, die Bianca geschnitten hat, “Volles Leben – meine letzte Liste”.
Sie handelt von Menschen, die davon ausgehen, dass sie nicht mehr lange zu leben haben, weil sie Krebs haben. Sie erstellen eine Liste an letzten Wünschen zusammen, die sie noch erleben wollen. Teils geht die Doku unter die Haut…
Dieser erste Tag in Köln hatte nun wirklich fast alles, was ich überhaupt erleben kann an Emotionen und Erfahrungen, denke ich. Aber so wie ich Bianca kenne, hat sie für Morgen noch weitere Überraschungen parat…
