
Direkt nach dem Aufstehen versuche ich, eine Mitfahrgelegenheit nach Wolfsburg über das Internet zu finden. Nahe Wolfsburg, in Jembke, wohnt mein Bruder mit seiner Familie.
Puh das wird schwer, denke ich nach einer halbstündigen Suche. Eine einzige erschwingliche Möglichkeit gibt es. Aber trotz mehrerer Anläufe sehe ich ein, dass ich nicht weiterkomme. Alles ausgebucht. Es soll wohl nicht sein, fühle ich und lasse los.

Draußen ist es sonnig und warm und so beschließe ich, eine Radtour entlang des Rheins zu machen. Auf dem Weg zur ersten Station, dem Kölner Dom, ist es noch ruhig. Aber ab Nähe Dom beginnt eine komplett andere Welt, kommt mir vor.

Selten so viele Touristen-Busse auf einer Straße neben dem Dom gesehen. Die meisten sind leer, denn der Platz vor dem Dom ist voller Menschen aus allen Erdteilen, scheint mir.
Vor den zwei Türmen des Doms singt eine Hare Krishna-Gruppe fröhlich ihre seichten Lieder. Das Konzert von Monster Magnet heute Abend wird anders klingen, denke ich mir. Sobald ich mich vor ihnen stelle kommt ein weiterer Hare Krishna Mann und spricht mich an.
Er heißt Mitchell. Er möchte mir Schriften oder Bücher geben und erhofft sich wohl Unterstützung. Mitchell könnte von seinem englischen Akzent Amerikaner sein und er trägt Turnschuhe unter seinem Gewand.
Ich erzähle ihm, dass ich mich sehr reduziert habe mit allem Materiellem und ich deswegen nicht interessiert bin an materiellen „Balast“. Er schaut mir tief in die Augen und gibt mir das Gefühl, dass er mich versteht. Ein einfühlsames Namaste geben wir uns gegenseitig zum Abschied.

Direkt am Rhein mache ich nochmal Halt, denn ich sehe wie sich Kinder an Seifenblasen erfreuen. Ihre natürliche Freude ist ansteckend. Obwohl ich mit meiner Radtour beginnen möchte, bleibe ich ein wenig und schaue ihrem Spiel zu.
Links neben mir fotografiert eine Frau mit professionellem Foto-Equipment auch die spielenden Kinder. Sie arbeitet für den Kölner-Stadt-Anzeiger und hat den Auftrag eine Geschichte zu kreieren zum Thema: sonnige Ausgelassenheit rund um den Dom.
Weswegen um den Dom? Frage ich Sie. Ihre Antwort ist auch professionell. Na, weil es die Dom-Geschichten sind, die die Leser mit Abstand am meisten interessieren. Das überrascht mich dann doch.

Danach radle ich meditativ langsam an dem Kölner Ufer entlang, werde andauernd links und rechts von allen anderen Radfahrern überholt. Dabei vergesse ich komplett die Zeit. Es ist schon spät geworden. Bianca dürfte auf mich warten, denn wir wollen zu einem Punk/Heavy-Metal-Konzert von Monster Magnet. Also radle ich dann auch im normalen Kölner Rad-Tempo zurück zu Bianca.
Monster Magnet ist eine Band, die mir Anfang der 90er sehr gefallen hat. Ihr Album Spine of God (Youtube-Link zum Reinhören) fand ich richtig stark. Seitdem allerdings habe ich ihre Spur verloren. Dank Biancas Musikgeschmack und ihren guten Kontakten finde ich diese wieder.
Bianca selbst wurde auch als White House genannt. Diese Bezeichnung stammte aus der Zeit als sie Türsteherin war für den Wiesbadener Club Neon Order in den Endachtziger. Anscheinend “bewachte” sie das Neon Order so sicher, dass es kaum ein Durchkommen an Bianca vorbei gab. So kenne ich sie heute gar nicht, denke ich mir.

Im Rücken des Helios-Turms in Ehrenfeld findet das Monster Magnet-Konzert in der Live Music Hall statt. Genau gegenüber von Biancas derzeitiger Produktionsfirma. Sie könnte direkt nach dem Konzert eigentlich wieder arbeiten gehen oder sich dort auf ein Sofa schlafen legen und morgen früh arbeiten.
Als wir dort eintreffen hat die Vorband schon fertiggespielt und der Hof vor dem Konzertsaal ist gut gefüllt mit Menschen, die auf Monster Magnet heiß zu sein scheinen. Nach einem Aufwärmbier erklingen die ersten Töne von Monster Magnet. Wir werden hinein gesaugt.
Drin ist es stickig und überraschenderweise nicht so laut wie erwartet. Wir stehen eher im hinteren Teil des Konzertsaals an der Bar und versuchen etwas von der Band zu sehen. Nach etwa 7 Songs und zwei, drei Zugaben ist das Konzert auch schon vorüber.
Mitschnitte des Monster Magnet-Konzerts sind hier zu sehen:
Monster Magnet ist wohl in die Jahre gekommen, der Spirit der 90er Jahre nur noch in Ansätzen hörbar. Es war trotzdem ein schöner Abend, denn wir standen auf der Gästeliste und haben nach dem Konzert noch ein paar neue Bekanntschaften gemacht.
Ich hätte nicht erwartet in diesem Umfeld, einen Menschen kennen zu lernen, der mir nach kurzem Smalltalk von seinem Burn Out erzählt. Vielleicht treffe ich Guido wieder auf meiner Reise, wer weiß.

Der nächste Blog-Beitrag kommt dann erst am Samstag den 12.05.2018 ab 13:00. Ich habe Bianca gebeten, einen Teil des Beitrags als Gastbeitrag zu schreiben. Sie besucht das Konzert Wolfgang Voigt präsentiert GAS live in der Kölner Philharonie.
Langsam wird es auch Zeit weiter zu ziehen, denke ich mir. Nur wohin?