Meine Erlebnisse aus Katerini – vor den Füßen des Olymps

Katerini am Fuße des Olymp - Platon Kiriazidis
Am Fuße des Olymp liegt das Haus meines Vaters

Die Ankunft in Thessaloniki

Der Augenblick, in dem ich zum ersten Mal griechische Luft spüre, ist ein besonderer für mich. Diese warme salzig-feuchte Luft auf der Haut zu fühlen, erweckt „tiefe“ Erinnerungen aus meiner Jugend. Das kann ich in der heutigen dunklen Nacht umso intensiver wahrnehmen. Es ist kurz nach 00:30 als sich die Türen des Flugzeugs öffnen und dieser Luftstrom mich umfasst.

Ilias, der Mann meiner Schwester, Nopi, holt mich ab. Er bleibt oft bis um 1:00 wach, so dass es ihm nichts ausmacht, mich so spät noch abzuholen, obwohl er am kommenden Morgen arbeiten gehen muss.

Ich mag Ilias sehr. Er ist lustig und emphatisch zugleich als Mensch. Am liebsten würde er ein einfaches und reduziertes Leben am Meeresufer führen wollen und einen kleinen Garten bewirtschaften. Er braucht keinen Luxus, betont er oft. Da haben wir viel gemeinsam, fällt mir jedes Mal auf. Aber ich habe keine eigene Familie und „gehe“ wohl auch deshalb etwas leichter einen anderen Lebensweg.

Bei meiner Schwester

In der Wohnung von Ilias und meiner Schwester Nopi angekommen, erwarten mich 30° und kaum ein erfrischender Luftzug. Um mittlerweile 1:00 in der Nacht. Ich werde nur schwer schlafen können, erahne ich. Nopi wacht kurz auf, um mich zu begrüßen. Ihre Töchter, Dimitra und Vassiliki schlafen bereits. Ich jedoch versuche dann vergeblich die nächsten Stunden auf der Couch „Schlaf zu finden“.

Am nächsten Morgen begrüßt mich gleich nach dem Aufstehen Vassiliki mit einer Umarmung. Sie fühlt sich körperlich noch viel heißer als ich an. Fast so als hätte sie Fieber. Hat sie aber nicht. Sie hat sich nur daran gewöhnt auch in der Hitze schlafen zu können, sagt mir Nopi.

Vassiliki ist die jüngere Tochter meiner Schwester. Sie nimmt seit je her das Leben ein wenig leichter als ihre Schwester Dimitra und ist gerne gesellig in harmonischer Gesellschaft. Sie schaut heute Morgen jedoch etwas ernster aus als sonst. Sie sagt mir, dass sie gleich eine Klausur in der Schule schreiben wird und klappt ihr Schulbuch auf, um sich noch etwas „Lernstoff“ zu merken. Die ältere Tochter, Dimitra, studiert und darf noch länger schlafen, da ihre Uni heute später anfängt. Sie werde ich vorerst nicht sehen.

Die Busfahrt nach Katerini

 

KTEL Fernbus - Platon Kiriazidis
unterwegs nach Katerini zu meinem Vater

Ein wenig später fährt mich Nopi zum Fernbusbahnhof (KTEL) von Thessaloniki. Ich möchte etwa 50km weiter südlich nach Katerini zu meinem Vater fahren. Er lebt seit dem Tod meiner Mutter allein in einem Haus im Grünen, das etwas am Rande von Katerini liegt. Um das Haus herum hat er einen Garten voller Oliven- und Obstbäumen angelegt. Außerdem betreibt er einen Gemüsegarten. Er kümmert sich sehr gerne um seinen Garten und insbesondere um seine Olivenbäume.

Der Fernbus ist klimatisiert, sauber, geräumig und pünktlich. Auch das Ticket ist mit etwa 7 € günstig, denn allein die Mautgebühren per Auto kosten 3,40 € auf der Autobahn. Außerdem gibt es kostenloses WiFi im Bus. Welch eine tolle Entwicklung, denke ich mir und erinnere mich an Zeiten, an dem Busfahren in Griechenland nicht so angenehm war. Diesmal bin ich rundum zufrieden.

ktel Katerini - Platon Kiriazidis
mein Vater holt mich am Busbahnhof in Katerini ab

Als ich meinen Vater das erste Mal nach 2 Jahren wiedersehe bin ich positiv überrascht. Er ist kaum älter geworden und sieht richtig gesund und irgendwie cool aus. Liegt das an seiner Sonnenbrille? Frage ich mich. Er erzählt mir aber, dass die Verhältnisse für ihn immer härter werden im krisengeschüttelten Griechenland.

Die Steuern auf Immobilien steigen unentwegt. Auch die sonstigen Lebenshaltungskosten wie Benzin oder Milchprodukte im Supermarkt sind teurer als in Deutschland. Mit seiner kleinen Rente kann er die steigenden Kosten kaum noch stemmen. Ich frage mich schon seit langem, wie es die ärmeren Griechen überhaupt schaffen unter diesen Bedingungen zu überleben. Ich habe bis heute keine wirkliche Antwort darauf.

Straße in Katerini - Platon Kiriazidis
eine typische Ansicht von Katerini, dort bin ich Zt als Kind aufgewachsen

 

Im Haus meiner Eltern

 

Haus mit Garten in Katerini - Platon Kiriazidis
mit 80 Jahren hält mein Vater nun allein das Haus in Schuß

Im Haus angekommen ist eigentlich alles so wie ich es schon kenne. Einzig meine Mutter fehlt mir. In dieser Umgebung umso mehr. Evropi, so der Name meiner Mutter, war absolut wichtig in unserer Familie. Sie war gerne im Hintergrund für alle da. Meine Schwester versucht seitdem meinen Vater so gut es eben geht von Thessaloniki aus zu helfen, aber ihr Fehlen ist natürlich spürbar.

Im Moment der tiefsten Trauer damals erlangte ich aber auch zu einer entscheidenden Erkenntnis für mein zukünftiges Leben.

Durch ihren plötzlichen Tod habe ich nicht nur gelernt, wie schnell das Leben vorbei sein kann sondern dass es umso wichtiger ist, den Augenblick, das Jetzt, in seiner ganzen Vielfalt anzunehmen und es auch zu leben.

Für mich bedeutet das, jeden Augenblick als wertvoll und erfüllend zu zulassen und zu spüren. Alle Erfahrungen als gleichwertig nützlich anzunehmen und auch gleichzeitig loszulassen. Alles darf da sein: Tiefgang genauso wie Leichtigkeit, Angst wie Freude…

Mittendrin im Leben sein. In innerer und äußerer Verbundenheit sein. Im eigenen „Element“ leben und arbeiten. In dieser Reihenfolge.

Seit ich den Tod meiner Mutter akzeptiert und verarbeitet habe, lebe ich viel bewusster als vorher ohnehin schon.

Bild mit Rahmen - Platon Kiriazidis
ein Bild meiner Eltern aus ihren frühen gemeinsamen Jahren

 

Ich möchte mir nun ein wenig Zeit nehmen, um mir bewusst zu werden, wohin ich genau in Griechenland noch reisen möchte. Leider erfahre ich jedoch, dass das Internet im Haus nicht mehr funktioniert. Schade, das wäre hilfreich gewesen. Aber nun, das wird seinen Sinn haben, denke ich mir.

Morgen jedenfalls kommen Ilias und meine Schwester vorbei und wir fahren ans Meer, danach weiß ich vielleicht schon mehr. Ich will mir Zeit geben, in mich hinein zu spüren. Ich bin selbst neugierig darauf, zu erfahren, was sich herauskristallisieren wird.

Sonnenuntergang iin Katerini - Platon Kiriazidis

 

 

 

 

3 Antworten auf „Meine Erlebnisse aus Katerini – vor den Füßen des Olymps“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.