Unsere Überzeugungen bestimmen unser Leben. Aber wie und weshalb?

 

Immer wieder fragen mich Menschen bei Einzelsitzungen:

Wie hängt es zusammen, dass unsere innewohnenden Überzeugungen/Glaubessätze so sehr unser aller Leben und unsere Realität bestimmen?

Aus eigener Erfahrung und aus der Erfahrung, der Menschen, mit den ich mich unterhalte und betreue, kann ich es wirklich bestätigen: Es sind unsere unterbewussten Überzeugungen, die unser Leben in bestimmten Richtungen lenken.

 

Doch wie funktioniert es genau? 

Ich habe lange Zeit meines Lebens damit verbracht, dieser Frage auf den Grund zu gehen. Die intensive Beschäftigung war ein wichtiger Schlüssel und ein bedeutender Wendepunkt in meinem Leben. Am besten kann ich diese Frage mit einigen Beispielen beantworten.

Wichtig: Diese Beispiele enthalten alle keine Wertungen oder Bewertungen. Sie dienen rein nur der Erklärung, der oben gestellten Frage. Keine, der erwähnten Personen, wird ver- oder beurteilt.

 

Ein möglicher Weg: traumatisches Selbsterlebnis

Kindheit Traumata Überzeugungen - Platon Kiriazidis
der bin ich, als Keinkind

Vom Erlebnis zum Überzeugungssatz:

Ich selbst wurde im Alter von 2,5 Jahren zu meinen Großeltern von Deutschland nach Griechenland gebracht und wuchs dort einige Jahre bei Ihnen auf. Der Hausarzt hatte meinen Eltern beratschlagt, mich eine Zeit lang nach Griechenland zu bringen, damit ich meine Lungenentzündung (in den 70er Jahren konnte eine Lungenentzündung tödlich verlaufen) auskurieren kann. In Deutschland war das Klima zu feucht und ich erlitt trotz Medikamente immer wieder Rückschläge.

Meine Eltern meinten es wirklich gut, als sie mich bei meinen Großeltern abgaben. Aber wie habe ich diese Situation als Kleinkind aufgefasst?

Ich hatte sehr lange Zeit in meinem Leben fast keine Erinnerungen an meine Kindheit. Ein Indiz dafür, dass sich damals Ereignisse stattgefunden haben, die traumatisch für mich gewesen sein mussten, traumatisch heißt in dem Fall für mich als Kleinkind „lebensbedrohlich“.

Ich hatte es als lebensbedrohlich empfunden, dass meine Eltern mich, in dem Augenblick als ich schwach war (Lungenentzündung) zu Menschen abgegeben haben, die ich nicht wirklich gut kannte. Meine Großeltern habe ich zuvor kaum gesehen aufgrund der Entfernung Deutschland-Griechenland. Reisen war damals noch sehr aufwendig und teuer.

Ein Kind, besonders ein Kleinkind, ist ganz besonders darauf angewiesen, dass seine Eltern (am besten beide) sich um sein Wohl kümmern, sonst sind seine Überlebens-Chancen nicht sehr hoch. Zumindest ist es in unserem Unterbewusstsein evolutionär so verankert.

mein Opa und ich
mein Opa war hat sich aufopferungsvoll um mich gekümmert als ich krank war

 

Welche destruktive Überzeugungen/Glaubenssätze für mich und mein Leben haben sich aufgrund dieses – für mich traumatischen – Ereignisses herausgebildet:

  • Ich kann keinem Vertrauen, der (vorgibt) mich zu lieben (denn ich kann jederzeit wie aus dem nichts abgelehnt werden und weggegeben werden)

 

  • Ich darf mir keine Krankheiten/Schwächen erlauben (denn dann bin ich nicht gut genug und werde abgegeben). Nur wenn ich funktioniere, bin ich sicher.

 

In den 70er Jahren konnte man sich fast nur das analoge Telefon zur Kommunikation leisten. Flüge waren sehr teuer. Meine Eltern konnten sich Flüge nicht leisten. Sie konnten deshalb auch nicht öfter nach Griechenland reisen, um mich zu besuchen.

In der Zwischenzeit kümmerte sich gerade mein Großvater ganz liebevoll um mich. Er gab mir das Gefühl wertvoll zu sein und ich wurde schnell gesund. Bereits einige Monate später wollten mich meine Eltern wieder zurück nach Deutschland zurückholen. Ich jedoch reagierte sehr stark ablehnend auf diesen Wunsch.

Mein Opa (Vater meiner Mutter) war eine sehr starke Authorität. Er entschied, dass ich weiterhin in Griechenland bleibe, obwohl ich mittlerweile gesund geworden war.

Meine Mutter war damit nicht einverstanden, hatte aber nicht den Mut und die Kraft, sich gegen den Willen ihres Vaters zu stellen. Wie gesagt, ich urteile nicht, sondern ich erzähle die Ereignisse so, wie sie mir Jahrzehnte später meine Mutter selbst erzählt hat.

 

Wie wirkten sich diese Überzeugungen nun auf mein späteres Leben ?

 

Ich kann keinem Vertrauen, der (vorgibt) mich zu lieben- Die Auswirkungen:

Mein Liebesleben: Ich suchte mir vorwiegend Partnerin, die mich in diesen Punkt bestätigten und mich wie aus dem nichts von einem auf den anderen Augenblick verlassen haben.

Die Partnerschaften waren sehr aufreibend für mich und fühlten sich schon nach kurzer Verliebtheitsphase mehr nach Überlebenskampf an als nach Leichtigkeit und Intimität.

Also genauso, wie ich mich damals gefühlt habe, als ich als Kleinkind abgegeben wurde.

Frauen, die ernsthaft an mir interessiert waren, ließ ich nicht an mich heran, obwohl meine Sehnsucht nach einer innigen stabilen Beziehung sehr groß war. Mein Liebesleben leidete sehr daran, dass dieser Glaubenssatz tief in meinem Unterbewusstsein verankert war und ich unbewusst danach lebte.

Bis zu meinem 35ten Lebensjahr spürte ich immer Blockaden und Beklemmungen, wenn ich mich verliebte. Erst dann habe ich mich zum ersten mal fallen lassen können und so etwas wie „Schmetterlinge im Bauch“ spüren können. Endlich! Welch schönes Gefühl.

Cafékasselhaus Darmstadt - Platon Kiriazidis
Späte Pubertät – ich entwickelte einen großen Ehrgeiz bei allem, was ich tat

 

Weshalb reagierte ich auch als Erwachsener so wie als Kleinkind?

Ist erstmal ein Glaubenssatz in unser Unterbewusstsein verankert, so wird die „erlernte“ Reaktion – unabhängig vom Zeitpunkt – bei entsprechender Situation/Reiz immer „im gleichen Muster“ abgerufen. Sie verläuft immer identisch ab. Unser Unterbewusstsein ist also immer im JETZT. Kennt keine Vergangenheit oder Zukunft.

In meinem Fall heißt es: Mein Unterbewusstsein kann nicht unterscheiden, ob ich nun das schutzbedürftige Kleinkind bin oder der Erwachsene Mann. Es hat gelernt keinen zu Vertrauen, der mich liebte, da Vertrauen eine enorme Gefahr bedeuten kann für mein Überleben als Kleinkind.

Mein Opa konnte es durch sehr viel Liebe, Aufmerksamkeit und Zuwendung zum Teil auflösen. Aber in Bezug auf meine Mutter (Frauen, Partnerin) blieb es noch aktiv im Unterbewusstsein verankert.

Mit dem Bewusstsein (also dem bloßen logischem Wissen, mit dem Verstand begreifend) war es sehr mühsam, sehr aufreibend und sehr langwierig, diesen Glaubenssatz zu verändern.

Ich habe dazu sehr viele Versuche und ein lange Leidenszeit gebraucht. Das würde ich mir heute ersparen und zu unterbewussten Methoden zurückgreifen, die sanft, schnell und nachhaltig, die gewünschte Veränderung bewirken.

 

Transformation - Platon Kiriazidis Foto Ross Findon
Foto: Ross Findon

Die Transformation:

Erst seitdem ich diesem Glaubenssatz transformiert habe (mit Hilfe unterbewusster Methoden) zu „Ich bin bereit, das Risiko in Kauf zu nehmen, zu lieben und geliebt zu werden“ fühle ich mich innerlich tatsächlich bereit für eine intime und leidenschaftliche Beziehung.

 

Ich darf mir keine Krankheiten/Schwächen erlauben – Die Auswirkungen:

Daraus entwickelte sich ein ganz großer Ehrgeiz, alles was ich tat, bestens auch zu beherrschen. Unabhängig davon, ob es mir lag, gut tat oder nicht. Ich wollte immer und überall der Beste sein, denn sonst werde ich ja nicht genug geliebt und riskiere Ablehnung.

Ob nun beim Fussballspielen, beim Auflegen als DJ oder später im Beruf als Cutter/Video Editor. Ich hatte den unbedingten Ehrgeiz der Beste zu sein. Und: ich übte sehr hart dafür. Dieser Ehrgeiz hat mich natürlich auch weit gebracht- Filmpreise, viel Anerkennung und Bestätigung. Jedoch keine Liebe.

Dadurch, dass der Ehrgeiz angstgetrieben war, fühlte ich beim Erreichen meiner Ziele meistens Einsamkeit und eine innere Unruhe statt innere Freude und inneren Frieden.

Verheerend war auch, dass aus einer ursprünglichen Leidenschaft immer mehr so etwas wurde wie ein „Sich-beweisen-wollen“.

Badminton - Platon Kiriazidis
Überehrgeiz auch beim Badminton – nur der beste zu sein war gut genug

Eine weitere Folge – ich wurde zunehmend kritischer

Ich wurde zwischen meinem 20ten-30ten Lebensjahr immer kritischer mir und anderen gegenüber. Hart urteilend und fast gnadenlos. Ich akzeptierte immer weniger meine Schwächen und wollte sie partout weghaben.

Entsprechend meiner Wahrnehmung veränderte sich dann auch meine Welt. Schwarz/Weiß-Denken beherrschte damals meinen Alltag. Unverstanden sein und Einsamkeit wuchsen. Zusammen mit meinem Überehrgeiz führte der Glaubenssatz „Ich darf mir keine Schwächen erlauben“ mich in die Depression/Burn Out.

Auflösung -Platon Kiriazidis Foto Tyler Lastovich
Foto: Tyler Lastovich

 

Die Auflösung:

Gewaltfreie Kommunikation hat mein Denken in Bezug auf Bewertungen komplett verändert. Ich spüre wie angenehm und wie offen ich nun Menschen gegenübertreten kann, weil ich sie nicht ver- oder beurteile sondern wertfrei mich für sie und ihre Anliegen interessiere. Meditation und Achtsamkeitsübungen haben auch geholfen.

Zentral war aber, dass ich die Überzeugung Ich darf mir keine Krankheiten/Schwächen erlauben

ersetzt habe mit Hilfe (unterbewusster Methoden) durch die Überzeugung:

Ich liebe meine Unvollkommenheit, denn sie eröffnet mir Wege, auf denen ich neue wertvolle Erfahrungen machen kann.

Mein Leben hat sich seitdem sehr verändert. Ich setzte mich nun sehr viel weniger unter Druck, kann Anliegen auch verantwortungsvoll abgeben. Ich fühle mich nicht mehr zuständig, Alles und jeden zu „bekehren“ oder den Ansprüchen von Anderen gerecht zu werden.

Da ist ein großer persönlicher Freiheitsraum entstanden, gefüllt mit sehr viel Freude und Urvertrauen.Ich kann mich  nun gut darauf besinnen, was mir Spaß macht und mich erfüllt.

Platon Kiriazidis Foto paul morris
Foto: Paul Morris

Möchtest du gerne wissen, welcher Glaubenssatz hinter einem bestimmten Verhalten von dir/deinem Partner/Freunden/Kind/Familie oder Vorgesetzten steckt?

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